Rattengift zum Tag der Frau

Amina el Filali war ein 16-jähriges marokkanisches Mädchen. Die Zukunft hätte sie noch vor sich gehabt. Doch Anfang März 2012 setzte sie selbst ihrem Leben mit Rattengift ein Ende. Warum?

Die junge Amina wurde vergewaltigt. Vergewaltigung ist in Marokko wie anderswo auch strafbar. Die Sache hat aber zwei Haken. Erstens: Gemäss Art. 475 des marokkanischen Strafgesetzbuches kann der Vergewaltiger dem Gefängnis entgehen, wenn er die Gepeinigte zur Ehefrau nimmt. Zweitens: Eine solche vergewaltigungsbedingte Ehe kann gegen den Willen der Gepeinigten angeordnet werden. So hatten sich in Aminas Fall die Familien von Opfer und Täter geeinigt, ein Familiengericht ordnete die Heirat an. Amina war nicht einverstanden. Ihr blieb nur die Exit-Strategie.

Der Suizid – dies die tragische Pointe der Geschichte – ereignete sich ziemlich zeitgleich zum Tag der Frau am 8. März. Die Bundesverwaltung leistet sich hierzulande den Luxus, einen Leitfaden zur geschlechtergerechten Sprache zu erlassen oder Faltblätter zum geschlechtergerechten Homepage-Design herauszugeben. Davon spürt frau im realen Leben nichts – ausser sie gehört zu den Nutzniesserinnen dieser amtlichen Beschäftigungstherapie.

Nicht allzuweit entfernt von der Schweiz und ihren Luxusproblemen dagegen werden Minderjährige zwangsverheiratet; und möglicherweise ist der Ehemann gleich noch ihr Peiniger. Es ist an der Zeit für mehr Augenmass in der Schweizer Gleichstellungsdiskussion.

Übrigens: Kurz vor Aminas Selbstmord hat sich Marokko offiziell für eine Kandidatur im UNO-Menschenrechtsrat beworben. Marokko wäre in diesem Rat in guter Gesellschaft. Heute sitzen im Menschenrechtsrat Staaten wie Saudi-Arabien oder Nigeria. In Nigeria existieren slamische Scharia-Gerichte, die Strafen wie Amputationen und Steinigungen verhängen. In Saudi-Arabien ist es Frauen sogar verboten, Auto zu fahren. Kamal Subhi, ehemaliger Professor an der King Fahd University in Dhahran, lieferte in einem Gutachten kürzlich ernsthaft folgende Begründung für dieses Autofahrverbot: Eine Erlaubnis zum Autofahren für Frauen würde einen Anstieg von Prostitution, Pornografie, Homosexualität und Scheidungsraten provozieren.

Genau jener von Tyrannen durchsetzte UNO-Menschenrechtsrat ist umso aktiver im Erheben des Mahnfingers:  So verurteilte er die Schweiz wegen ihrem Minarettverbot. Selbstverständlich wird der – diplomatisch formuliert – lockere Umgang mit Menschenrechten in einzelnen seiner Mitgliedsländern den UNO-Menschenrechtsrat auch in Zukunft nicht hindern, in einzigartiger Selbstgefälligkeit die Menschenrechtslage in zivilisierten Ländern zu kritisieren; und selbstverständlich wird die Schweiz trotz dieser institutionalisierten Heuchelei den UNO-Menschenrechtsrat auch weiterhin brav als moralische Instanz achten.

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